Montag, 30. Dezember 2013

Dreißigsterzwölfter

Es war der vorletzte Tag des Jahres
und der Himmel lag nicht wie sonst
als abschirmende Kuppel über der Stadt
sondern glich eher einem smaragdblauen Meer
das über der geschäftigen Erde schwebend
all die ziellosen Menschen
die darunter umherirrten
dazu einlud ihre Schicksalsschiffe zu besteigen
die sicheren dreihundertfünfundsechzig Knoten zu lösen
und ohne jegliche Erwartungen
in die undurchsichtige Weite aufzubrechen
die sich Zukunft nennt

Dienstag, 24. Dezember 2013

Auf Besuch bei alten Bekannten

Heilig Abend
ich sitze im Zug nach Berlin
kann nur noch fragmentarisch denken
draußen ist es grau und trostlos
und irgendwie finde ich nicht so recht
den Weg zu guten Gedanken

Donnerstag, 19. Dezember 2013

Clown im Menschenkostüm

Die Kunst ist es
Wahnsinn zu schlucken und Lyrik zu kotzen
ohne an der Vergiftung zu sterben

Das war doch alles nicht ernst gemeint

Das Jahr neigt sich langsam knarzend
seinem Ende entgegen,
und trotz des dichten Nebels,
der mich so trüb umgibt,
kann ich auf eine seltsame Art und Weise
klar sehen.

Ich wünsche mir einfach nur noch, auszusteigen,
einen großen Schritt nach vorn zu machen
und aus meinem Körper hinaus,
auf den kalten Asphalt zu fallen.

Dienstag, 17. Dezember 2013

Wir machen einfach weiter, als hätten wir noch Sommerferien

ist einer der Sätze, die sich mit grausamer Brutalität auf Lebenszeit in meine Hirnrinde eingebrannt haben. Ich bin jung und unbedacht, sitze mit meinen damaligen Freunden an dem kleinen Bach in meiner Heimatstadt und fühle die von der Sonne aufgewärmte Wiese an meinen Unterschenkeln kitzeln, während ich mit blutroten Augen in den orangefarben verlaufenen Spätsommerhimmel starre.

Ewige Sommerferien:
Die Grenze klar erkennen
und mutwillig übertreten,
um herauszufinden,
welche verbotenen Früchte
einen im Schatten dahinter
sehnsüchtig erwarten.

Für immer das Gefühl
von der großen Freiheit,
die niemals zu Ende geht
und uns jede Idiotie verzeiht.

Hals über Kopf
rannten wir in unser Verderben,
lachten die Zukunft aus,
die wir blauäugig wegwarfen
und fanden unser zu Hause
in der kalten Dunkelheit,
die der Sommer nach sich zieht.

Ich kann beim besten Willen
nicht sagen,
ob ich erst am Anfang stehe
oder schon am Ende bin.
Alles, was ich weiß,
ist, dass ich meine Höhen
und meine Tiefen –
dieses grenzenlose Chaos –
für nichts in der Welt
gegen den grauen Dreck
eintauschen würde,
den ihr
Leben nennt.

Wenn man sonst nichts zu tun hat

Jägermeister trinkend
laufe ich durch die Straßen meiner Stadt
und das zaghaft durch die Baumkronen scheinende Mondlicht
wirft helle Flecken auf die leere Hauptstraße.
Und ich denke darüber nach
dass alles was bleibt
nichts als der bittere Geschmack im Rachen ist
den verflossene Liebe
oder durchgemachte Nächte hinterlassen.
Im Nachhinein
gibt es keinen Unterschied mehr
Ein kurzer warmer Moment
tiefster Glückseligkeit
gefolgt von dem abartigen Rückstand
der am Gaumen kleben bleibt
und einer klaffenden Lücke im Gedächtnis
an der Stelle
an der man vergebens die Erinnerungen
an den Moment sucht
in dem man der Überzeugung war
dass das was folgt, das was ist, wert ist.
Die alkoholinduzierte Rührseligkeit droht meinen Verstand zu sprengen
als sich der Abgrund der Verzweiflung auftut
und ich mit Tränen in den Augen
vergeblich versuche
diesen unfassbar schönen Moment
zu konservieren.

Mittwoch, 11. Dezember 2013

Seelenrisse

Ich würde dir wirklich gerne sagen
dass ich etwas für dich empfinde
aber das wäre nichts als eine Lüge
da ich weiß
dass ich nicht für dich als Person fühle
sondern einfach nur so vor mich hin emotionalisiere
weil ich merke
dass ich es im Herbst alleine nicht länger aushalte

Das hat ja nichts mit dir zu tun
du bist ja einfach nur zufällig für mich da im Moment
und ich renne wie immer verhetzt im Kreis
denn nichts verschafft mir mehr Linderung
weder Drogen
noch du

Montag, 9. Dezember 2013

Die Heizung knackt laut und sonst passiert Garnichts

Mir ist langweilig,
so dermaßen langweilig
dass ich langsam wirklich Angst kriege
von der Langeweile verschluckt zu werden

Ich starre aus dem Fenster hinaus in die grauweiße Welt
und sehe wie die Scheibe wegen meinem schweren Atem langsam beschlägt.
Die Dämonen von denen ich mich sonst verfolgt fühle
scheinen eingeschlafen zu sein.
Habe mich auf meiner blinden Flucht Hals über Kopf im stummen Wald verlaufen
und jetzt sitze ich hier
ganz allein
um mich herum nichts als rabenschwarze Nacht

Heimfahrt

Das letze bisschen Mensch in mir
zerbricht an meiner Einsamkeit
und tausend dunkelrote Splitter
fallen leise klirrend
der schweigenden Erde entgegen

Klassiker

Trauriges Mädchen, stehst da ganz allein,
lässt niemand in dein kaltes Herz hinein.
Schwarz geschminkte Augen, lässt alle um dich glauben,
man könnt' dir trauen, 'wärst anders als die andern Frauen.
Und egal in wessen Bett du liegst,
wen du momentan so liebst,
wenn du morgen aufwachst, ist da nichts, alles Rauch,
allein im Herzen, Frust im Bauch.
Schönes Lächeln, rote Lippen,
Leben, Domino, alle Steine kippen.
Und wenn wieder irgendein Typ deinetwegen heult,
fühlst du keine Reue,
während Ehrlichkeit dir gräuelt,
begräbst du deine Treue.

Freitag, 6. Dezember 2013

Jenseits von allem

Als die überfüllte Straßenbahn, in der ich morgens, auf dem Weg zur Arbeit, eingequetscht zwischen gesichtslosen Marionetten stehe, laut ratternd durch den dunklen Tunnel hindurch, in den viel zu hellen U-Bahnhof einfährt, fangen meine Gedanken an zu tanzen.
     
Ein kleines Licht
das bald erlischt
wandelt sanften Schrittes
über die Erdoberfläche.
Und der alleinige Umstand
dass diese weder bricht noch sich biegt
zeigt wie unbedeutend
die paar wenigen Momente sind
die wir auf dieser Welt verbringen.
Gänsehaut kriecht leise zischend die Wirbelsäule hoch
während die Füße sich geräuschlos vom Boden erheben
und vom Wind getragen darüber schweben.
Im Kopf tausende von Szenen
aus hunderten von Jahren
die in Sekundenbruchteilen
rückwärts ablaufen.
Die ungeheuerliche Tatsache
vom Zufall
genau zu dieser Zeit
an diesem Ort
ausgespuckt worden zu sein.
Und millionen Menschen
gehen grade im Gleichschritt
tausende von Rampen
aus dutzenden von U-Bahnhöfen hinauf
auf ihrem Weg in Richtung Arbeit.
All diese Formen, Farben und Objekte
alles wirkt so konstruiert
Ich träume.

Ein bisschen Gesellschaft

Beide verloren
in uns'rer eig'nen Welt
nur die Sprache verbindet
ein Traum im Wolkenfeld
verirrte Geister fliegen leise
ganz friedlich
durch die Nacht