Er steht wie jeden Abend vollkommen erschöpft von der Arbeit an
dem ewig gleichen Gleis des U-Bahnhofs und wartet auf die ratternde Blechdose, die ihn zurück in seine Heimatstadt transportieren soll.
Auf Stirn und Rücken bilden sich im Sekundentakt Schweißperlen, die geräuschlos zu Boden tropfen und aus den verkrampften Händen
treten dunkelblaue Adern hervor.
Plötzlich ist da dieser eiskalte Windhauch, der von hinten
angeschlichen kommt und ihm sanft und ölig über Stirn, Nacken und
Ohren streicht und unmissverständlich die Melodie von eintausend
Blicken summt. Er schluckt nervös und der letzte Rest Speichel rinnt
die verdorrte Kehle hinunter, während er seinen Kopf so sehr senkt,
dass sein Kinn ihm fast auf die Brust schlägt. Als er die Augen schließt, sieht er einen rasenden Strudel aus gleißendem Licht,
begleitet von einem lauten Knall, der ihm die Augen sofort wieder
aufreißt. Der Versuch sich nicht zu bewegen kostet ihn den letzten
Rest der längst verbrauchten Kraft.
Vorsichtig hebt er den Kopf und neigt ihn langsam zur Seite um
einen Blick auf die Umgebung zu erhaschen. Das Bild, das sich
dann seinen Augen bietet, ist ungeheuerlicher als alles, was er sich in seinem Fieber jemals hätte erträumen können: Hunderte gesenkter Häupter, die wortlos auf das
stumpfe Leuchten ihrer Handydisplays starren. Niemand spricht und
niemand blickt. Selbst sein die stille Szene zerreißendes
wahnsinniges Lachen führt nicht zu einem einzigen verwunderten
Blick.
Wir leben in einer wirklich schlechten Zeit für Paranoia.