Sonntag, 31. Januar 2016

Der Begriff

Irgendwo zwischen viel zu hohen Höhen und bodenloser Tiefe
hängend, schaut mein schräger Geist der Zeit beim sterben zu;
denkt sich dabei, leise grübelnd:
Wenn Menschen - echte Menschen - einen kurzen Augenblick
ehrlich ganz sie selbst sind, dabei ernsthaft mit mir reden -
das heißt, versuchen zu erörtern, was das Dasein sein soll;
dieser sonst so tief verstecke Sinn in unserm Leben -
dann reicht mir das zu meinem Glück - mehr will und brauch ich nicht.

Samstag, 23. Januar 2016

Ich, der Vollidiot

Mit geschloss'nen Augen rückwärts laufen -
beim Lider-Öffnen dann enttäuscht sein,
dass der Weg ja doch noch Stein ist.

Mittwoch, 20. Januar 2016

53

Wird Zeit der Heimatstadt Goodbye zu sagen;
langsam bröckelt die Fassade -
nichts als Schmutz an grauen Häuserwänden.

Hin & Her

Wie ich mich durch mein Leben quäle,
schwankt zwischen, dass ich spätnachts den Hegel lese,
oder mir am Sonntagmittag, aufgrund akutem Todeswunsch 'ne Schneebahn lege -
du hingegen, gehst, gesponsert von Papas Moneten, dich selbst findend, durch die Gegend -
allein beim daran Denken wird mir elend:
fühl ich mich doch wohl in meinem Käfig, kenn mich aus hier im Gehege;
steht zwar ,,Wahnsinn'' drauf, doch läuft schön stramm geregelt -
solange ich nicht Fehler begehe und meinem kranken Kopf den Gehweg quere;
geschweige denn zu tiefe Blicke in den Nebel werfe,
leb' ich  an und für sich eigentlich ganz gerne - eh ich irgendwann dann dumm und hässlich sterbe.

Montag, 18. Januar 2016

Haus der 1000 Leichen

Ich träume jede Nacht von Wasser;
lang Verschüttetes steigt gluckernd auf -
im Blick nach vorn der Blick zurück.

Samstag, 16. Januar 2016

Oberscheuren

Wie ein gehetztes Tier,
kurz vor der Schlachtung,
fahre ich an deinem Haus vorbei;

das vermeintlich blinkende
Warnblinklicht des Hintermannes
treibt mich hektisch vorwärts -
weiter in den Wahnsinn;

im ersten Stock, da brennt noch Licht;
im selben Zimmer -
vermutlich weiterhin unordentlich -
in dem ich,
vor so vielen Jahren,
neben dir im Bett rumlag.

Es war ein heller Sommertag
und ich kam nicht gut auf's Kiffen klar -
wie so oft zu dieser Zeit:

Du - wortlos neben mir;
Ich - in dem Gedanken versunken,
wir befänden uns weit oben;
lägen hier als Großstadtpärchen,
weit älter, als wir sind,
in unserem Apartment;
nur das Fenster Tor zur Welt;
vor diesem Häuserdächer
in den grellen Himmel ragend;
unten auf der Straße
wirres, reges Treiben.

In Wahrheit,
stattdessen nur dein Dorf;
ein Traktor fährt vorbei,
die Zimmertür geht auf -

zwei Freunde kommen rein,
setzen sich - uns anstarrend -
auf den Boden, vor dem Schrank -

komische Momentaufnahme.

Freitag, 15. Januar 2016

Winternachmittag

Im Licht der untergehenden Sonne scheint alles schön;
die dürren Zuckerwattewolken schweben plastisch durch die Luft;
streifen knapp unter der blaugewölbten Himmelskugel umher -

ein selten angenehmer Wintertag -

denke ich mir, als der Zug laut schnaufend die verschneiten Schienen entlangkriecht
und sich beim verklärten Blick nach links gestrüppgesäumt-graubraune Autobahnen,
gefolgt von dem im Wald versteckten Verein für deutsche Schäferhunde offenbaren.

Vermeintlich desillusioniert wandert der Blick zurück nach rechts,
in einem von Wolken und Industrieschornsteinqualm vernebeltem Himmel versinkend,
an dessen Ende - ganz weit hinten - die Sonne, als ferner Halbkreis, hinter einem der gigantischen Automobilindustriehochhäuser zu verschwinden scheint, das, wie von Carl Blechen gemalt - hier aus der Ruine heraus betrachtet - am Ende der Landschaft stehend, zumindest in genau diesem Moment,
seltsam hoffnungsstiftend wirkt.

Langsam prallen Blau und Dunkelgrau - den Himmel genau mittig spaltend - über mir zusammen;
der Tag atmet letztmals erschöpft schlaftrunken aus - ein Hauch von Fiebertraum und viel zu klarer Luft -
dann Dunkelheit.

Montag, 11. Januar 2016

P.d.G.

Meine kleine kranke Welt -
die Negation der Negation der Negation;
irgendwo zwischen Herzstillstand und Reflexion;

und hier komm' ich nicht mehr raus;
wink' euch von weit oben müde lächelnd zu -
sieht lustig aus, wie ihr so lebt.

Mortuos verere

Wie ich dir die Hosenträger über die Schultern gezogen,
vergeblich versucht, dich zum Bleiben zu bewegen –
das letzte bisschen Mensch in dir zu wecken hab'.

Wenn ich – so wie jetzt – erstmals wieder ehrlich denke,
nach langer Zeit bemerke, dass ich doch noch Ich bin,
schreibt da plötzlich zitternd meine Hand:

Ich komm' immer noch nicht klar drauf, dass du tot bist – einfach weg;
dass da – statt dir – nun nur noch dieser riesen Spalt steht:

Wir, als Kinder, auf der Rückbank deines roten Mercedes –
dem gegenüber –
Ich, beinahe erwachsen, im Herzen festgekettet an den Kaukasus,
samt Adler, der die Leber frisst;

dabei doch sicher wissend, dass jeder Prozess meines Systems;
jeder Baustein des Gerüsts,
sich weiter krampfhaft gegen den kranken Gedanken wehrt,

dass Alles Sein am Ende stirbt – Alles Tote nichts als Nichts wird.

Vermutlich hör' Ich deswegen nie auf zu ziehen;
renn' stattdessen weiter, mit weit aufgeriss'nen Augen, durch die Straßen dieser Stadt;
starre – vor wilden Feuerwalzen fliehend – Löcher in die Welt;
werde – wieder und wieder – in dunklen Träumen doch noch von mir selbst zerfetzt;
fliege wieder – immer wieder – der Sonne viel zu nah;
in der dummen Hoffnung, dass ihre Hitze mir das Hirn zersetzt;

doch was soll's – bin jetzt eben wieder nüchtern;
das heißt dann wohl 'paar Schritte vorwärts gehn,
in Richtung Anfang – oder Ende
des immergleichen Kreises.

Der ganze Dreck im Hirn kocht hoch  der Geist zersetzt sich schäumend selbst.

der Feldweg

Ich hatte ganz vergessen, wie heilsam Schreiben sein kann;
mühelos-vorsichtig, Zeichen Zeichen folgen lassen:

Schreiben,
das heißt Schreiten,
auf der schmalen Schneise
zwischen Welt und Geiste:

Ziellos-tiefes Wandeln im weiten Feld des Denkens.

Sonntag, 10. Januar 2016

Spira

Der alte Traum von der Erlösung -
der Wunsch sich einfach aufzulösen;
in helles Glück und Heiterkeit.

Samstag, 9. Januar 2016

Januar

Die Winterkälte brennt am kahlrasierten Schädel;
der Himmel blau - wie hingemalt;
fühlt sich seltsam frei an - fast lebendig.

Nüchtern will gelernt sein

Das Coffein, die Zeitung und Placebo
sind zu viel für mich am Samstagmorgen;
schon wieder nur am heulen vor Verwirrung.

Freitag, 8. Januar 2016

Schwere Lider blinzeln langsam

Beim angestrengten Blick
in Richtung Badezimmerspiegel
steht da plötzlich Ich -

wie lange bin ich blind gewesen?

Montag, 4. Januar 2016

Currypaste

Wie Du vor Schreck weggesprungen bist,
weil ich einen blöden Witz machen wollte
und zu Dir meinte,
Du hättest da was hinterm Ohr;
ehe ich von da
das Glas Currypaste hervorgezogen habe,
das Du doch eigentlich am suchen warst;

wie Du dann durch den ganzen Raum geflogen
und beinahe auf den Boden geknallt bist;
dir dabei das Schienbein
an der offen stehenden Spülmaschine gestoßen
und vor Schmerz und Wut nach mir geschrien hast;

wie ich dann laut lachen musste,
während ich versuchte,
Dich halbwegs zu beruhigen,
indem ich Dich -
mit deinem hochrot glühenden Kopf -
in meine beiden dürren Arme nahm
und Dir die vollmondweiße Stirn geküsst habe,
weil Du vor lauter Aufregung
und anschließender Erleichterung
am lachen und am heulen warst.

Ich weiß nicht,
wann ich das nächste Mal in diesem Leben
so verdammt glücklich sein werde -
danke für den Frieden, den Du mir schenkst;

Ich liebe Dich.