Leise klopft der langsam fallende Schnee gegen die
endlos scheinende Fensterfront der Universitätsbibliothek. Nach und nach
bleiben vereinzelte Flocken kurz kleben, lösen sich dann doch, werden zu
Wasser. Post Tower und Kennedybrücke scheinen irgendwann im Laufe des Abends
einfach unbemerkt von der Dunkelheit verschluckt worden zu sein.
Alles fühlt sich an wie Weihnachten: das irgendwie legitimiert wirkende, angeregte
Wachsein, spät am Abend; das goldverschwomm'ne Licht, die schleierhaft
verwischte Sicht; das grundlose Gefühl seltsam entrückter Erhabenheit; das
zeitlos-stille Aufgehen im warmen Schoß des Augenblicks.
Eine befremdliche Momentaufnahmen: die Spiegelung
meiner selbst, seltsam weit entfernt, verzerrt, im bordeauxroten Hemd. Dahinter
flackernd vom Rheinufer emporsteigend, zielloses Blaulicht, trichterförmig in
zaghaft blühenden Baumkronen rotierend. Drei oder vier Scheinwerferpaare
schieben sich quälend langsam die feuchte Straße entlang, verweilen kurz verwirrt,
trotten dann unbeirrt ihrer unergründlichen Wege.
Aus Versehen oder unterbewusst oder aus einem
anderen mir unerfindlichen Grund, habe ich mich heute Abend ausgerechnet genau so
hingesetzt, dass sämtliche sonst Anwesenden mich, wenn sie denn wollen, ungehindert
ansehen können. Es ist Sonntagabend, kurz nach zweiundzwanzig Uhr, der Lesesaal
so gut wie leer und mein Leben hat nur Wert, wenn man es bemerkt.
Ich lächle lächerlich ehrlich wirkend, während ich
bemerke, wie ich in einer Mischung aus tatsächlicher Nachdenklichkeit,
Absichtslosigkeit und stumpfer Affektiertheit, beinah andächtig meinen müden, indes
klaren Blick hebend, kurz die aus der Ferne wie zwei große schwarze Oliven scheinenden
Augen meiner Reflexion fixierend verharre, um dann weiter, zum oberen Bereich
der Fenster und schließlich dem Ende der schweren Säulen, der Zimmerdecke, mit
ihren in unverständlichen Formationen angeordneten Überwachungskameras und
Kunststoffplatten zu schweifen. Ganz so, als bemerkte ich sie nicht, die Beiden,
die mich unangenehm ausdruckslos anstarren: ein Mädchen, dunkle Haare, schöne
Augen, rotkarierte Jacke und ein junger Mann mit bösem Blick, Kopfhörer tragend,
über ölig zurückgekämmtem Haar.
Ich kann letztlich nicht mehr trennen, was ich
glaube, was ich weiß und was ich schreibe. Was ich bin, zerfließt zu Text. Ungebrochen
hin- und hergerissen in den Widersprüchen dieser Welt, der Axt im Kopf, dem tiefen Spalt im Innerstem vom Selbst.
Ein paar
Stunden noch verbleibt die Nacht, mit der Sonne dann wird alles Rauch.